Jetzt habe ich mich wieder abgeregt. Ich bekomme noch immer Hassgefühle wenn ich daran zurückdenke. Mittlerweile ist fast die gesamte Bagage dauerhaft eingeknastet, worüber ich sehr froh bin. Mein Ex hat wieder neue Pferde am Start, die er drangsalieren kann und ich bin längst vergessen. Geblieben ist mir ein Automatismus, der mich unverzüglich von 0 auf 100 fährt, wenn ich mich konkret bedroht fühle.
Trotzdem käme ich nie auf die Idee jemanden wegen Stalkings anzuzeigen, nur weil der ein bisschen rumnervt, nachts mal anruft oder mich mit Nachrichten zuschüttet. Blocken, Telefon rausziehen, fertig. Ich habe den Eindruck, dass ein Wort/eine Definition, wie zB Stalking, ist es/sie erstmal in der Welt, seine/ihre eigenen Kinder erzeugt.
Das beobachte ich auch bei Krankheiten. Heute wird man bereits als depressiv eingeordnet, wenn man ein paar Wochen schlechte Laune hat. Und genauso ist dann gleich jemand ein Stalker, nur weil der vielleicht hartnäckiger Kontakt sucht. Mir kommt das so vor, als wären diese Schubladen im Grunde eine Sorte Ablage. Dort hinein wird dann alles schnell einsortiert und abgehakt. Man hat schließlich nicht ewig Zeit. Heutzutage schon gar nicht.
Dazu kommt das Missbrauchspotenzial, wie bei der angesprochenen Bekannten. Die hat auch irgendeine Krankheit, sonst würde sie den Blödsinn gar nicht derart intensiv durchziehen. Normal ist das nicht. Aber ich bin auch nicht der Retter der Welt oder die Mutter aller Moralinsäure. Also distanziere ich mich und gut war's.
Mhm, ich denke Leute sind halt unterschiedlich stark oder sensibel. Du scheinst sehr stark zu sein und das Thema Stalking verhältnismäßig gut verarbeitet zu haben. Ich habe auch schon Stalking erlebt, nicht in ganz so harter Form wie du, aber dennoch mit ständigem Auftauchen und Bedrohen. Trotzdem habe ich heutzutage keine Angst draußen oder wenn es klingelt.
Ich weiß nicht ob ich das 'gut' verarbeitet habe. Ich habe es irgendwie verarbeitet und kann heute unverzüglich zur Furie mutieren. Eine Fähigkeit, die ich dadurch erlangt habe. Aber auch eine, die u.U. völlig überzogene Reaktionen triggert. Wie bist du mit dem Ganzen umgegangen? Wie hast du den Stalker stoppen können? Und sehr gut, dass du kein Panikproblem zurückbehalten hast.
Eine Bekannte von mir jedoch ist in dem Punkt sensibler, sie rastet relativ schnell aus und wittert nach ihrem schlechten Erlebnis inzwischen überall Gefahr. Ich halte das zwar für Übertrieben, aber sie fühlt eben so, was soll man machen?
Therapie? Ich weiß nicht was ihr passiert ist. Aber ich weiß, wie ein Leben in Angst sich anfühlt. Das ist kein Leben.
Tatsächlich durfte ich aber auch schon die von dir beschriebene andere Seite erleben, denn mir wurde Stalking vorgeworfen. Ein Typ war der festen Überzeugung, ich würde auf ihn stehen, was nicht der Fall war. Wir hatten einmal etwas miteinander, allerdings wollte ich definitiv keine Beziehung. Ich dachte, dass das auf Gegenseitigkeit besteht und versuchte eine Freundschaft aufzubauen. Aus dem Nichts kam dann irgendwann dieser Vorwurf, dass ich ihm nachstellen würde. Ich fiel aus allen Wolken, vor allem, weil ich inzwischen schon etwas mit meinem neuen Partner angefangen hatte. Er ging zwar nicht zur Polizei, trotzdem stand dieser Vorwurf im Raum und ich hinterfragte sehr stark mein Verhalten. Kein schönes Gefühl, ich gehe aber auch davon aus, dass es seiner Egopflege diente, da tun sich Männer und Frauen wohl nicht viel

Das meine ich. Im Grunde war das doch ein Missverständnis. Oder aber (und damit greift das Schema des 'Wort in der Welt',) es kam ihm zupass, dass man dein Verhalten in ein bestimmtes Verhaltensmuster hineininterpretieren konnte und nahm das für sich an, weil es die angenehmste Variante für ihn war.
Dass man das auch noch ganz anders hätte auslegen können, das ging gewollt unter. Du stehst als die Böse da und er als armer Sepp, verfolgt von der notgeilen Ex. Dabei war es im Grunde womöglich eher umgekehrt und er fühlte sich in seinem Stolz verletzt.
Das beobachte ich öfter, dass solche Unterstellungen von Leuten getätigt werden, die damit versuchen ihre verletzte Ehre zu verpflastern. Das sehe ich bei Männlein wie Weiblein gleichermaßen. Und solche Verhaltensdefintionen und ihre dazugehörigen Fachbegriffe, die munitionieren solche Leute dann noch auf. Fröhliches Unterstellungsspielchen im Baukastensystem. Ich glaube, je mehr es davon gibt, das einladend vorhanden ist, umso extremer wird es.
Grüßerle!
Mischa
There is a crack in everything, that's how the light gets in. (L. Cohen)